Kido Butai war die größte seegestützte Eingreiftruppe in der ersten Phase des Zweiten Weltkrieges im Pazifik.

Beeinflusst durch Alfred Thayer Mahan und sein geschichtsträchtiges Werk „The Influence of Sea Power upon History“ strebten die Japaner an, die gegnerische US Navy durch einige wenige „Entscheidungsschlachten“ zu zerschmettern. Um ein langjähriges Krieg der Erschöpfung auszutragen, in dem das ressourcenarme Land gegenüber den überlegenen Vereinigten Staaten praktisch keine Chance hatte, planten die japanischen Strategen in einigen wenigen, aber entscheidenden Schlachten die Alliierten so weit zu schwächen, dass sie gezwungen werden würden, einen Friedensvertrag zu den Bedingungen der Japaner zu unterschreiben und damit die Eroberungen des Landes der Aufgehenden Sonne anzuerkennen.

Akagi

Das Hauptmittel dafür sollte die Kido Butai (ausgesprochen übrigens Kidoo ButAI, nicht Kido Butaj, wie man manchmal hört).

Von Anfang an setzten die Japaner auf Flugzeugträger, obwohl, was gern vergessen wird, sie ebenso wie alle anderen Seemächte in dieser Zeit auch viele Schlachtschiffe verwendeten. Die herausragende Überlegenheit der Flugzeuge war für viele japanische Strategen und Generäle nach Pearl Harbor und Kuantan (Versenkung von Prince of Wales und Repulse) eine ebenso große Überraschung, wie für viele alliierte Admiräle!

Doch den Kern der Kido Butai bildeten eben Flugzeugträger. Der Verband sollte schnell jedes mögliche Ziel im Pazifik erreichen und seine Gegner mit überlegener Flugzeugkraft (bis zu 430 Flugzeuge!) regelrecht zerschmettern. Es gab, so die Japanischen Strategen, keinen Gegner, vor dem sich derart überlegene Luftflotte (die amerikanischen Trägerverbände boten in der Regel nur 50 – 80 Flugzeuge) fürchten müsste.

Hiryu

Eine „Kido Butai“ (mobile Truppe) als offizielle Bezeichnung hat es, so am Rande, nie gegeben. Der Name kam eigentlich nur in der Alltagssprache vor, um den Verband zu bezeichnen, wenig bis nie in offiziellen Dokumenten.

Den Hauptkern des Verbandes bildete:

– Trägerdivision 1 mit den 36.000 ts verdrängenden großen Trägern Akagi und Kaga nebst ihren Begleitern der 7. Zerstörerdivision

– Trägerdivision 2 mit Soryu und Hiryu, mit etwa 20.000 ts deutlich kleineren Trägern, begleitet von der Zerstörerdivision 23.

Zusätzlich kamen zum Verband die noch kleineren Träger Ryujo und später auch noch Taiyo. Je nach Einsatz folgten noch etliche weitere Begleitschiffe. Beispielsweise beim Angriff auf Pearl Harbor wurde der Kernverband begleitet von zwei Schlachtschiffen, drei Kreuzern, neun Zerstörern, 23 U-Booten.

Direkt nach Pearl Harbor erweiterte man den Verband noch um die 5. Trägerdivision, bestehend aus den zwei großen Trägern Shokaku und Zuikaku, nebst deren Zerstörern. Somit gehören zur Kido Butai vier große Träger (Kaga, Akagi, Shokaku und Zuikaku) sowie vier kleinere (Soryu, Hiryu, Ryujo, Taiyo), wenn auch in der Regel nicht alle an allen Einsätzen teilnahmen.

Eine Umstrukturierung der Kido Butai erfolgte zum 10. April 1942. Die Trägerdivisionen wurden erhalten, die Begleiteskorte bildeten jetzt aber die Zerstörerdivisionen 4, 10 und 17.

Chuichi Nagumo

Der Verband stand den größten Teil seiner Existenz unter dem Befehl des Vizeadmirals Chuichi Nagumo, einer sehr umstrittenen Führungspersönlichkeit. Unzweifelhaft ein großer Führer und starker Taktiker zeigte er sich jedoch als sehr zurückhaltend und zögernd, was der grundsätzlich sehr auf Angriff ausgelegten Mentalität der japanischen Armee widersprach und ihm stets Kritik erbrachte. So brach er den Angriff auf Pearl Harbor nach Meinung vieler Strategen viel zu früh ab, er hätte durchaus eine weitere Attacke befehlen müssen, um den Amerikanern den Rest zu geben. Dieses Zögern zieht sich wie ein roter Faden durch seine Führungszeit, auch wenn andererseits immer zu beachten ist, dass Japan nur geringe Ressourcen hatte und gezwungen war, seine Träger soweit wie möglich zu schonen, denn jedes versenkte Schiff nur schlecht hätte ersetzt werden können.

Zu den unstrittigen Erfolgen des Verbandes gehören:

– der Angriff auf Pearl Harbor und praktische Zerstörung der Pazifikflotte bis auf die abwesenden Träger (obwohl einige Schlachtschiffe repariert werden konnten)

– Bombardierung der Stadt Darwin in Australien am 19. Februar 1942

– Ausflug in den Indischen Ozean, bei dem der Träger Hermes, die Kreuzer Dorsetshire und Cornwall, zwei Zerstörer und 23 Handelsschiffe zerstört wurden. Auch die Hafenanlagen in Ceylon wurden durchs intensive Bombardement stark beschädigt. Bei den Briten brach daraufhin Panik aus, die Japaner würden ihr Kronjuwel Indien angreifen.

Danach beginnt sich jedoch zu zeigen, dass auch die Japaner keine Übermenschen sind. Die vielen Einsätze, die lange Zeit zur See, das Salzwasser, die Erschöpfung der Mannschaft und technische Defekte sowie einfach auch kein Glück mehr führen bei den nächsten Einsätzen zum langsamen Verblassen des Sterns der Kido Butai.

In der Schlacht vom Korallenmeer gelingt es zwar der Kido Butao, den amerikanischen Träger Lexington sowie den Tanker Neosho und Zerstörer Sims zu versenken. Doch die Schlacht ist durch viel Chaos und Unklarheiten getrübt. Die Japaner erkennen Neosho als Träger und schicken ihre 78 Flugzeuge auf den Tanker los, es herrscht Verwirrung und Unsicherheit. Am Ende der Schlacht ist auch mit IJN Shoho der erste japanische Träger versenkt worden, Zuikaku kann zwar entkommen, verliert aber praktisch seine gesamte Luftflotte. Die kaiserliche Navy zieht sich zurück, womit strategisch die erste Niederlage Japans in diesem Krieg eingeräumt werden kann.

Zuikaku

In der Schlacht von Midway unterschätzen die Japaner sträflich die Amerikaner (dabei hat sogar das Übungsspiel der japanischen Admiralität vorher gezeigt, dass Auftreten der Amerikaner an der Flanke zur Vernichtung der Kido Butai führen könnte. Die Admiralität wischte dieses Szenario jedoch als „unmöglich“ zur Seite). Die Japaner verlieren mit Akagi, Kaga, Soryu und anschließend auch noch Hiryu den schlagkräftigsten Kern der Kido Butai, womit der Mythos um den Verband ein für alle mal zu Ende ist.

Eine der größten Stärken des Verbandes war auch seine Schwäche: die Piloten. In einem unglaublich intensiven und harten Training bildeten die Japaner hervorragende Mannschaften aus, die in Verbund mit ihren ausgezeichneten Maschinen den Amerikanern überlegen waren. Während die US-Angriffe häufig einem turbulenten Chaos glichen (und dennoch durchaus erfolgreich sein konnten), bei dem Hunderte von Bomben und Torpedos sinnlos daneben gingen und zig Flugzeuge abgeschossen wurden, gingen die Japaner diszipliniert und präzise vor. Dank ihrer besseren Maschinen, geübter Taktik und Entschlossenheit sowie Todesverachtung waren die Flugkräfte der Japaner sehr gefährlicher Gegner und seinem amerikanischen Pendant weit überlegen.

Doch gleichzeitig zeigte sich schnell, dass ein toter japanischer Pilot nicht einfach zu ersetzen war. Die Ausbildung dauerte zu lange, es wurde zu viele Kandidaten ausgesiebt, um die schnell entstandenen Lücken zu füllen. Die hervorragenden Asse der ersten Tage wurden mit jeder Schlacht weniger und weniger, ihre Nachfolger schlechter ausgebildet und schwächer.

Während die Amerikaner, denen es sowieso nie an Mut gefehlt hatte, im Laufe der Zeit immer besser wurden, auch konnten viele ihrer Piloten nach Absturz gerettet und damit wieder in den Kampf eingebunden werden, wurden die japanischen Verbände immer schlechter und schlechter, je mehr der ursprünglichen Piloten tot waren. Ihre Zielgenauigkeit nahm ab, ebenso der Gruppentaktik und der Ausbildungsstand im Allgemeinen. Bedingt durch ihre Todesverachtung starben auch viele gute Piloten lieber bei einem Einsatz, als diesen abzubrechen und zum Träger zurück zu kehren, weshalb der Anteil erfahrener Piloten immer niedriger wurde, während immer mehr nur schlecht und oberflächlich ausgebildeter Männer in die (auch immer weniger werdenden) Maschinen stiegen

Mit den beiden Schlachten in der Philippinensee und bei Leyte (hier waren die Träger schon praktisch ganz ohne Flugzeuge und ohne Mannschaften) war dann auch Kido Butai Geschichte.