HMS M2

In den ersten Jahrzehnten des U-Boot-Baus gibt es noch keine klare Richtung, was die ideale strategische Verwendung dieser neuen Waffe ist. Es wird mit verschiedenen Taktiken experimentiert, aus heutiger Sicht merkwürdige Typen und Formen gebaut. Noch gilt ein U-Boot nicht als eine wirkliche Unterseewaffe, sondern ein Oberflächenboot, welches eben tauchen kann. Die angedachten Aufgaben ähneln sich noch sehr den Tasks ganz normaler Oberflächenschiffe.

HMS M2 ist ein derart merkwürdiges Boot. Als eines der drei Schiffe der M-Klasse verdrängt es unter Wasser 1.977 ts und kann bis 70 Meter tauchen. Auch die vier Torpedorohre erinnern an ein gewöhnliches U-Boot. Nicht aber der gewaltige Aufbau in der Mitte des Rumpfes. Denn da drin versteckt sich ein… Flugzeug.

Gebaut als Nachfolger der K-Klasse durch die Werft von Vickers in Barrow-in-Furness geht das Boot am 14. Februar 1920 in Dienst. Zu dieser Zeit trägt es einen Geschützturm von satten 305 mm, mehr als so manches Oberflächen-Kriegsschiff. Aus heutiger Sicht merkwürdig, ist das Boot eigentlich dafür gebaut, unentdeckt sich der feindlichen Küste zu nähern und diese mit seinem schweren Geschütz überraschend zu bombardieren.

Als die Washingtoner Konferenz 1922 die Entscheidung trifft, Schiffsartillerie auf U-Booten auf 203 mm zu begrenzen, wird der Geschützturm von M2 abgenommen und an dieser Stelle ein Flugzeugkatapult und ein wasserdichter Hangar verbaut. Das Bordflugzeug wird mit Hilfe des Katapultes gestartet, landet anschließend neben dem U-Boot auf dem Wasser und kann wieder an Bord genommen werden.

Am 26. Januar 1932 läuft M2 zu einer Übung aus Portland raus. Um 10.11 erreicht das Mutterschiff Titania ein Signal des Bootes, dass um 10:30 mit Tauchübungen begonnen werden soll. Danach herrschte Stille, M2 meldete sich nie wieder. 60 Mann Besatzung sind tot.

Was geschah, blieb erst einmal ein Mysterium, welches jedoch nur wenige Tage später gelüftet werden konnte. Bis der Kapitän des Frachtschiffes Tynesider seine Verwunderung über die modernen U-Boote ausdrückte. Er hat bisher ja angenommen, diese würden sozusagen unter Wasser schneiden beim Tauchen. Aber er hätte eines gesehen, was mit dem Heck voraus tauchte!

Die sofort eingeleitete Suche führte schon am 3. Februar zum Auffinden des Wracks, welches in 70 Meter Tiefe mit weit geöffnetem Flugzeughangar auf dem Boden lang, scheinbar ohne jede Beschädigung.

Zu dem, was tatsächlich geschah, dazu gibt es zwei Theorien.

Die erste besagt, dass die Mannschaft einen neuen Rekord vom Auftauchen bis zum Start des Flugzeugs aufstellen wollte. Sobald das U-Boot die Oberfläche erreichte, wurde die hintere Luke und die Türen des Flugzeughangars aufgemacht. Zu früh. Gewaltige Welle schwappte durch das geöffnete Tor und drückte damit das Heck unter Wasser. In die geöffnete Luke fluteten augenblicklich Tausende Liter Seewasser und das Boot ging wie ein Stein unter.

Die zweite, die etwas mehr deckungsgleich mit der Aussage des Kapitän der Tynesider übereinstimmt, ist ein Versagen der Heckruder. Sobald das U-Boot auftauchte, blies man mit Druckluft die Ballasttanks frei bis auf eine kleine Restmenge an Wasser. Dieser wurde anschließend mit Hilfe von Kompressoren entfernt, um die Vorräte an Druckluft zu sparen. Dieses Freipusten dauerte ungefähr 15 Minuten, während dessen das U-Boot mit Hilfe von Tiefenruder auf korrekter Tiefe zu halten war. Die Mannschaft öffnete jedoch bereits die Tore des Hangars, um das Flugzeug in die Luft zu bringen, als die Ruder versagten. Das Boot tauchte augenblicklich etwas unter, Tausende Tonnen Wasser schossen durch die geöffneten Hangartore und M2 ging mit Heck voraus unter.

Der Versuch durch den aus Hebung der Hochseeflotte in Scapa Flow bekannten Ernest Cox scheiterte, als das bereits sich knapp unter der Wasseroberfläche befindende Boot im Sturm losriss und erneut sank. Heute liegt das Wrack in 35 Meter Tiefe und kann sogar von Tauchern besichtigt werden, die durch die geöffneten Hangartore in den Flugzeugraum tauchen können. Der Rest des Schiffes ist jedoch versiegelt.

Mit dem Untergang der M2 beendete Royal Navy das Konzepts des U-Boot Katapultschiffs. Andere Länder, vor allem Japan mit der Sen-Toku Klasse experimentieren jedoch noch lange damit.