Die Versenkung der Hood.

Heute ist der Jahrestag der Versenkung der Hood durch die Bismarck. Ein Treffer des deutschen Schlachtschiffes und der Stolz der Royal Navy ist nicht mehr da.

Auch wenn in vielen Internetforen klare Ursachenbestimmung herrscht, ist sich die Fachliteratur einig: wir wissen bis heute nicht wirklich, warum die Hood explodierte.

Was geschah? In der Dänemarkstrasse stehen sich am 24. Mai 1941 auf der einen Seite Hood und Prince of Wales, auf der anderen Bismarck und Prinz Eugen gegenüber. Hood, gefolgt von Prince of Wales, versucht näher an die deutschen Schiffe zu kommen, um den Aufschlagwinkel der deutschen Granaten abzuflachen. Denn der Schlachtkreuzer ist zwar stark, hat aber eine verherende Schwäche: sein Panzerdeck ist dünn und leicht zu durchschlagen. Also näher kommen, damit die Geschosse des Gegners flacher und damit gegen den dicken Panzergürtel treffen. Nach sechs Minuten Schusswechsel plötzlich ein Treffer der Bismarck auf dem Stolz der Royal Navy, gewaltige Explosion und Hood ist nicht mehr. Wie kam diese Explosion zustande? Wir wissen es nicht!

Die erste Salve der Bismarck war wohl zu kurz und fiel vor dem Kreuzer. Beobachter der Prince of Wales bestätigen, dass Hood durch die Wasserspritzer der Aufschläge durchfuhr, auch der Korvettenkapitän Adalbert Schneider der Bismarck bestätigte dies.

Unmittelbar danach brach ein Feuer auf der Hood aus. Welches der beiden deutschen Schiffe dieses verursachte, wissen wir nicht sicher, es war aber höchstwahrscheinlich Eugen. Die Zeugenaussagen sind nämlich durchaus unterschiedlich:

Artillerieoffizier der Eugen, Jasper, bestätigte den Treffer der eigenen Geschütze. Lawrence Sutton von der Besatzung der Prince of Wales sagte, dass eine Salve von deutlich kleinerem Kaliber als der Bismarck ungefähr der in der Schiffsmitte der Hood aufschlug, also muss sie von Eugen gekommen sein, während die zweite des deutschen Schlachtschiffes zu lang war und hinter dem britischen Kreuzer auftraf.

Lieutenant Commander Rowell, der Navigationsoffizier der Prince of Wales wiederum sagt: „Ich glaube, es war die dritte Salve der Bismarck, die Hood traf und das Feuer auslöste.“. Er hatte sogar den Eindruck, Hood hätte ZWEI und nicht einen Treffer erhalten.

Einer der Überlebenden, Robert E. Tilburn, war sich laut seiner Aussage sicher, dass Kordit gebrannt haben muss, dazu hörte er eine Reihe kleiner Explosionen, ungefähr so, wie chinesische Böller. Seine Aussage scheint ebenfalls einen Treffer durch die Eugen zu bestätigen, er sagt, es muss eher eine kleinere Granate gewesen sein als die der Bismarck. Diese Worte sind deckungsgleich mit der vom Albert Edward Briggs, dem zweiten Überlebenden, der sich zu dieser Zeit auf der Kompassplattform des Schlachtkreuzers befand. Laut ihm sagte ein Offizier, der Treffer war irgendwo auf dem Bootsdeck und Feuer ist ausgebrochen in der dort bereitliegenden Munition. Vizeadmiral Holland wies daraufhin hin, das Feuer ausbrennen zu lassen. Leading Seaman Hubert Fackrell aus der Besatzung des Schlachtschiffes bestätigt ebenfalls, blaue Flamme des brennenden Kordit gesehen zu haben.

Was sicher ist, ist das wohl das Feuer selbst nicht ins Innere des Schiffes eindrang, da sowohl Maschinen wie auch Kessel und sämtliche Einrichtungen des Schiffes weiterhin funktionierten. Ob es jedoch indirekt an der Explosion der Hood beteiligt war, wissen wir nicht.

Rear Admiral Wake-Walker der HMS Norfolk sagt, dass das Feuer zunehmend breiter als höher war, aber langsam auszugehen began. Er sah dann noch, wie zwei der Türme noch feuerten bevor unmittelbar danach Hood explodierte.

Auch hier gibt es die gesamte Breite von Aussagen, wie spektakulär die Explosion war. Sergeant Brooks, der gerade die Hood beobachtete, erblindete vorübergehend. Peter Slade und Richard Scott, welche gerade am Katapult des Schlachtschiffes waren, bemerkten nur orangenes Glühen in den Glasscheiben. Kapitän Leach der Prince sah eine schmale und hohe Explosion und die Hood verschwand hinter Rauch und Wolken. Durch das Gedonnere der eigenen Geschütze des Schlachtschiffes ging der Knall der Explosion auf der Prince wohl komplett unter, die, welche nicht in die Richtung schauten, merkten die Explosion teilweise gar nicht. Mannschaft der Suffolk hingegen sah eine gewaltige orangene Flamme. Und auf der Hood selbst? Sowohl Tilburn wie auch Briggs sind sich einig: es gab zunächst einmal eine starke Explosion, so, als seien die Geschütze abgefeuert werden. Dann kurzen Moment Stille. Dann flogen die beiden betäubt durch die Luft und fanden sich im Wasser wieder…

Terence Brooks sagte in seiner Zeugenaussage, er hätte gesehen, wie eine Granate in unmittelbarer Nähe des hinteren Schornsteins einschlug und eine weitere in den X-Turm. Danach erblindete er kurz durch den Treffer und sah dann, wie ein 380 mm Turm durch die Luft flog. William Westlake sah, wie Rauch aus fünf bis sechs Stellen gleichzeitig hochkam, als die Explosion began. Petty Officer Frederick Albert French sah wie sich das Deck zwischen dem hinteren Schornstein und dem Mast ausbeulte, Korditrauch nach außen drang und dann der Kreuzer in die Luft flog.

Warum explodierte die Hood nun wirklich? Gute Frage…

m Juli 2001 findet das Team von David Mearns das Wrack in einer Tiefe von 2804 Metern. Hood zerbrach in drei große Teile: Bugsektion, Teile des Mittschiffs und das Heck, sowie ganz viele kleinere Teile im großen Umkreis. Große Teile von Steuerbord fehlen komplett, die Platten des Mittschiffs zeigen nach außen. Der 610 Tonnen schwerer Hauptmast liegt einen Kilometer entfernt. Die Explosion muss wirklich gewaltig gewesen sein.

Moderne Untersuchungen mit Hilfe von U-Booten kommen zu dem Ergebnis, dass sich die Initialexplosion tatsächlich im mittleren Magazin der Mittelartillerie ergab. Allerdings reicht die Menge des dort gelagerten Kordits für derartige Zerstörung nicht aus, außerdem gab es laut Zeugen eigentlich zwei Explosionen: erst einmal eine gewaltige Fackel vor dem Turm Y und unmittelbar dann die finale Explosion, die das Schiff zerriß.

Daher, auch bestätigt durch die Untersuchungen des Wracks, gehen Fachleute davon aus, dass die erste Explosion im Mittelartilleriemagazin anschließend den Sprengstoff im hinteren Munitionslager der Hauptartillerie (45 – 49 Tonnen Kordit) zur Zündung brachte, was die Hood dann in Stücke riss. Das Fehlen des Bugs könnte sogar darauf hin deuten, dass das vordere Magazin ebenfalls zur Explosion kam. Dann wären wir bei gut 120 Tonnen Kordit, welche in kürzester Zeit in die Luft flogen… Die Bugbeschädigung könnte allerdings auch im Züge des Sinkens des Kreuzers entstanden sein, da sind sich die Experten uneinig. Tillburn jedenfalls sah einen Lichtblitz zwischen dem B-Turm und dem Hauptmast, als er ins Wasser flog, es ist aber unklar, ob es die Explosion war oder anderweitig verursachte Flammen.

Zusammenfassend geschah also folgendes: nach der Initialexplosion im Mittelartilleriemagazin hat die Schockwelle irgendwie das hintere Hauptmagazin erreicht und den Sprenstoff dort zur Zündung gebracht, möglicherweise analog dazu auch das vordere Magazin. Wie, darüber jedoch streiten sich die Geister: das Fehlen der fast kompletten Steuerbordseite könnte ein Indiz sein, dass das dort gelagerte Treibstoff zur Zündung kam, die Steuerbordseite regelrecht absprengte und den Hauptgeschützkordit zur Explosion brachte. Möglich ist aber eine umgekehrte Auslegung: die Initialexplosion brach die Schotten zwischen den Magazinen zum Einsturz und die Zündung der Hauptartilleriegranaten brachte die Tanks zur Explosion, so dass Hood praktisch an der ganzen Länge ihrer Steuerbordwand beraubt wie ein Stein sank. Oder aber schlug die Schockwelle durch die Ventillationskanäle durch bis zum Magazin usw…

Wie kam es jedoch überhaupt zu der Explosion?

Die häufigste Erklärung ist, eine Granate der Bismarck durchschlug das Panzerdeck der Hood und traf ein Munitionsmagazin. Berechnungen von Juren 1987 ergaben jedoch, dass das Geschoß ungefähr unter einem Winkel von 14 – 17 Grad angeflogen sein muss. Durchbrechen auch des (verhältnismässig) dünnen Gürtels der Hood durch eine 380 mm Granate ist unter diesem Winkel eigentlich gar nicht möglich. Zu ähnlichem Ergebnis kommen Fachleute unter Berücksichtigung der deutschen Daten zur Durchschlagskraft der Geschütze der Bismarck. Unter dem anfliegenden Winkel dürfte das Geschoß selbst durch die dünneren Stellen nicht durchkommen. Weiterhin ergeben Berechnungen, dass die gewöhnliche Zündereinstellung der Deutschen das Geschoß eigentlich zu Detonation bringen müssten, bevor es den Panzer komplett durchbrach. Unter der Annahme, dass der Gürtel einwandfrei war und nicht beschädigt durch das Feuer oder einen anderen Einschlag, kann dies also nicht die Erklärung sein. Doch das brennende Feuer eröffnet hier mögliche eine Lücke: die Platten können beschädigt worden sein, so dass die Granate doch durchging, oder zerbrach die Granate die Platten des Panzerdecks und brennende Teile fielen durch und zündeten das Magazin.

Eine weitere Theorie lautet, dass die Granate nicht auf dem Deck, sondern unter Wasser, unter dem Gürtel durchging und das Schiff traf. So ungewöhnlich ist es nicht, Schlachtschiff Prince of Wales erhielt hier exakt denselben Treffer, der aber nicht explodierte. Berechnungen ergeben, dass dies durchaus möglich wäre, die anfliegende Granate könnte die sich gerade in Drehung befindende Hood durchbohren, selbst an der dicksten Gürtelstelle. Sie hätte aber durchaus auch unter dem Gürtel durchbrechen und dann im ungeschützten Inneren des Schiffes explodieren können. Überprüfung des Treffers auf der Wales ergab, dass, wäre diese Granate an der Trefferstelle explodiert, das Schlachtschiff vermutlich sinken würde. Berechnungen ergeben, dass, sollte die Granate etwa 6 Meter vor dem Schiff ins Wasser treffen und unter dem Panzer durchgeschlagen sein, die übliche deutsche Zündungsverzögerung, die bei 0.035 bis 0.07 Sekunden lag, die Granate genau dann ausgelöst hätte, als sie im explodierenden Magazin eintraf. Aber die gleichen Berechnungen zeigen wiederum, dass der Einflugwinkel, der dafür benötigt wurde, in der Realität kaum zu erreichen ist. Außerdem war die Granate, die das britische Schlachtschiff traf, eben nicht explodiert. Entweder hätte die Granate unmittelbar nach dem Treffer aufs Wasser also explodieren müssen, oder war sie ein Blindgänger und wäre so oder so nicht gezündet.

Nun paar weitere Hypothesen:

Bismarcks Granate trifft die auf dem Deck gelagerten Torpedos und bringen diese zur Explosion, was den Sprengstoff der Mittelartillerie zur Zündung bricht. Diese Theorie gilt nach Untersuchungen des Wracks als widerlegt, das Schadensbild passt nicht dazu.

Hood versenkt sich selbst, indem es zu einem Rohrkrepierer kommt. George Henry Goff sah, wie die dritte Salve der Bismarck sehr nahe an der Steuerbordseite der Hood fiel. Unmittelbar daraufhin feuerten Türme A, B und Y, aber Turm X schwieg und es sind Flammen aus dem Turm gekommen. Dann feuerte der Turm B erneut, aber offenbar mit sehr viel sichtbaren Flammen. Dann feuerte der Turm Y erneut und Hood explodierte. Petty Officer Lawrence Sutton sah, wie Turm Y feuerte und unmittelbar darauf eine gewaltige Feuerflamme um den Turm in die Luft stieg. Denkbar wäre daher zum Beispiel ein Fehler im Belüftungssystem des Turmes Y, so dass die Korditdämpfe nicht abgeführt wurden. Zündung der Granaten führte zu einer Rückkopplung und entzündung der versammelten Gase im Turm. Untersuchungen des Wracks zeigten jedoch, dass die Initialzündung im Mittelartilleriemagazin stattfand, das scheint diese Theorie somit zu widerlegen…

Eine weitere Möglichkeit ist, dass Hood nicht einen Treffer, sondern mindestens zwei unmittelbar nacheinander an fast derselben Stelle erhielt, so dass der Panzergürtel doch durchdrungen wurde.

1979 präsentierte Anthony Preston eine weitere Theorie: laut seinen Untersuchungen befand sich eine gewisse Menge an 102 mm Flugzeugabwehrmunition außerhalb der gepanzerten Bereiche, aber unmittelbar angrenzend an das explodierte Magazin. Möglicherweise führte daher entweder ein direkter Treffer durch Bismarck in diese zur Explosion dieser Munition, oder das wütende Feuer zündete sie und anschließend das Magazin. Deckt sich mit der Aussage von Tilburn über die „chinesischen Böller“.

Lucky Shot: ein absoluter Glückstreffer in eine geöffnete Luke, Ventilationsschacht etc. Diese Theorie ist praktisch nicht beweisbar, klingt für viele Fachleute aber: „Ich weiß nicht, was die Ursache war, also denke ich mir etwas aus“

Da die Munitionstransportmechanismen kompliziert waren und gern ausfieleg, öffnete die Mannschaft irgendwelche Luken / Schütztüren, um die Geschoße durchdreichen zu können. Somit konnte der Treffer doch in das Schiffsinnere eindringen.

usw…

Wie ihr seht, in Wirklich gibt es noch ganz viele offene Fragen, was den Untergang der Hood angeht, wir wissen da deutlich weniger, als wir denken…

Übrigens, hier findet man alle Zeugenaussagen zur Hood, sehr interessante Lektüre: http://www.hmshood.org.uk/reference/official/adm116/adm116-4351_intro.htm