Schiffstypen: Schlachtschiff

Wie bei vielen anderen Schiffstypen können wir nicht genau sagen, was das erste Schlachtschiff war. Schon mal die Bezeichnung alleine ist nicht einheitlich.

Das deutsche Wort „Schlachtschiff“ kommt vom englischen „Battle Ship“ und bezeichnet somit ein Schiff, welches für die Schlacht gebaut wurde. In anderen Sprachen hingegen wird ein Schlachtschiff als „Panzerschiff“ beschrieben (frz. cuirassé, ital. corazzata, span. acorazado, poln. pancernik, nicht zu verwechseln mit dem deutschen Wort „Panzerschiff“ für die Deutschland-Klasse). Diese Benennung passt eigentlich auch besser zum Werdegang dieses Schiffstyps.

THE ROYAL NAVY IN THE FIRST WORLD WAR (Q 75243) Battleship HMS Exmouth. Copyright: © IWM. Original Source: http://www.iwm.org.uk/collections/item/object/205320030

Die Geschichte beginnt damit, dass die ersten Segelschiffe mit Eisenplatten gepanzert und mit Dampfantrieb versehen werden. Sie sehen noch im wesentlichen aus, wie gewöhnliche Segelschiffe, sind aber gegen die im 19. Jahrhundert aufkommenden Explosivgeschosse deutlich besser geschützt. Mit der zunehmenden Ablösung des Segels durch den Dampf erhöht sich auch die Verdrängung der neuen Schiffe: sie müssen nicht nur Platz schaffen für die Maschinen, sondern auch für ausreichend Kohlevorräte. Dadurch steigt wiederum die Belastung des Rumpfes stark an und übersteigt bald die Möglichkeiten des bisher als Hauptträger verwendeten Holzes, so dass zunächst Eisen und später Stahl dieses zunehmend verdrängen.

Die Versenkung zweier Segelschiffe der Nordstaaten durch die Virginia im amerikanischen Bürgerkrieg zeigen eindrucksvoll die Überlegenheit der modernen Panzerschiffe.

Die immer größer werdende Menge an Kohle, die mitzunehmen ist, führt dazu, dass trotz steigender Verdrängung Platz für die bisherigen Geschützbatterien an den Seiten des Schiffes zunehmend knapper wird. Immer mehr Staaten steigen daher auf drehbare, auf dem Deck montierte Panzertürme um, vor allem seit der Entwicklung moderner Schnellfeuergeschütze und damit verbundener Verschlüsse und Zielvorrichtungen. Damit sinkt zwar die Anzahl ihrer Geschütze, aber Kaliber und Feuerkraft wachsen beträchtlich, wie auch die Bestreichungswinkel der Artillerie. Das Schiff muss nicht mehr mit dem Rumpf zielen, sondern dreht einfach den Turm in die gewünschte Richtung.

Zum Ende des 19. Jahrhunderts verfügen alle wichtigen Marinen um gepanzerte Schiffe. Takelage ist praktisch verschwunden, ebenso die Geschützpforten an der Seite, ersetzt durch Dampfantrieb und gepanzerte Türme, entweder direkt auf dem Deck und/oder in Kasematten seitlich angebracht. Die zunehmende Minen- und Torpedogefahr führt dazu, dass jetzt auch die bisher komplett vernachlässigte Unterwasserpanzerung verbessert wird, aber noch weit davon entfernt ist, was später als notwendig erachtet wird, so dass vor Dreadnoughtzeit immer noch viele Schiffe durch einzelne Minen- oder Torpedotreffer untergehen.

Die neuen Schiffe werden noch sehr unterschiedlich genannt. In den meisten Sprachen findet sich dafür das Wort „Panzerschiff“, aber auch Linienschiff, Großlinienschiff etc. Wann genau das Wort „Schlachtschiff“ zum ersten Mal aufkommt, wissen wir nicht, vermutlich dürfte es aber um diese Zeit herum sein, wenn auch die anderen Bezeichnungen noch dominieren.

HMS Dreadnought

Gewaltigen Aufschub für die Entwicklung der Schlachtschiffe bildet der Bau der HMS Dreadnought. Die sich bereits zunehmend abzeichnenden Vorteile einer Einheitsartillerie und neuen Antriebe (sehe mein anderes Posting über Dreadnought) führen zur Entwicklung einer komplett neuen Schlachtschiffsform, die nach dem Namensgeber als Dreadnoughts bezeichnet wird (im Gegensatz zu den Pre-Dreadnoughts davor). Der neue Schiffstyp zeichnet sich durch eine einheitliche schwere Artillerie, in drehbaren Türmen entlang der Achse montiert, über 20.000 ts Verdrängung sowie Turbinenantrieb. Die Silhouette der neuen Schiffe wird durch den neuen Antrieb flacher und damit schwerer zu treffen, die Geschwindigkeit erhöht auf deutlich über 20 Knoten die Kampfkraft durch die vielen schweren Geschütze steigt gegenüber den alten Pre-Dreadnoughts beträchtlich an. Allerdings auch die Kosten. So ein Dreadnought kostet mehr als doppelte dessen, was ein bisheriges Panzerschiff gekostet hat.

Zur Zeit des Ersten Weltkrieges, wo die Dreadnoughts dominieren, liegt ein derartiges Schlachtschiff bei ungefähr 26.000 ts und hat zwischen 10 und 14 Geschützen vom Kaliber 28 bis 35,6 mm. Im Laufe des Krieges steigt die Verdrängung weiterhin, auch die bisher in seitlich tief liegenden Kasematten untergebrachte Mittelartillerie wandert in die Deckhöhe, als sich zunehmend herausstellt, dass die Kasematten bei schwerer See nicht benutzbar ist. Mit dem Aufkommen von Geschützen mit 38 cm und mehr sprechen wir nun auch von Super-Dreadnoughts.

Etwa zu dieser Zeit setzt sich nun endlich auch die Bezeichnung „Schlachtschiff“ in Deutschland und Österreich-Ungarn durch, auch wenn „Linienschiff“ und „Großlinienschiff“ weiterhin verwendet werden, vor allem in offizieller Kommunikation. „Die Straße“ spricht nun „Schlachtschiff“

HMS Warspite und HMS Malaya

Der Erste Weltkrieg zeigt aber auch stark die Grenzen dieser Schiffe: gegen Angriffe unter Wasser sind sie immer noch sehr dürftig geschützt. Enorme Produktionskosten führen dazu, dass ihre Staaten sie möglichst nicht einsetzen wollen aus Angst vor Verlust (Deutsche Hochseeflotte als Fleet-In-Being). Sie sind extrem teuer im Unterhalt, verbrauchen riesige Mengen an Kohle, binden Werkstattkapazitäten (die Antriebe und Geschütze verschleißen relativ schnell) benötigen Tausende Mann Besatzung, während ihre Erfolge sich auf den Fingern einer Hand abzählen lassen…

Daher wird 1921 im Rahmen des Washingtoner Vertrages ein zehnjähriger Baustopp sowie eine Beschränkung auf 35.000 ts ausgerufen. Höchstens dürfen Schlachtschiffe nun 40,6 cm Geschütze haben. Gleichzeitig verpflichten sich die Unterzeichnerstaaten dazu, ihre Flotten zu reduzieren, was aber die Nebenwirkung hat, dass beispielsweise Japan ihre bereits im Bau befindenden Rümpfe zu Flugzeugträgern umbaut.

Der Zweite Weltkrieg erwies sich dann als eine gewaltige kalte Dusche für Fans der Schlachtschiffe (zu den auch fast alle Admiralitäten der Welt gehörten, anfangs auch Japan). Trotz einiger spektakulärer Schlachten und Erfolge zeigten schnell Pearl Harbor und Singapur die Grenzen dieser Schiffe auf. Während Pearl Harbor noch damit erklärt werden konnte, dass die amerikanischen Schlachtschiffe bewegungsunfähig waren, waren Prince of Wales sowie Repulse vor Singapor in voller Bewegung und mit funktionsfähiger Bewaffnung, trotzdem gingen beide in kürzester Zeit unter.

HMS Prince of Wales und HMS Repulse gehen unter

Für mich persönlich zeigt der Untergang der Bismarck alle Punkte zusammen, warum die Zeit der Schlachtschiffe nun vorbei war: trotz modernster Ausstattung und Panzerung war es letztendlich ein einziges Torpedo eines mit Stoff bespannten Doppeldeckers, dessen Beschaffungskosten ein Taschengeld waren im Vergleich zu dem Preis eines Schlachtschiffes, welches das direkte Ende des Schiffes einleitete. Bei dem anschließenden Beschuss durch HMS King George V und HMS Rodney zeigte sich auch noch, dass ein gut gepanzertes Schiff wie die Bismarck durch reines Geschützfeuer praktisch nicht zu versenken war, dennoch relativ einfach soweit in Stücke zerschossen werden kann, dass es nur noch einer schwimmenden und brennenden Konservendose gleicht. Von etlichen Fachleuten wurde daher nach der Versenkung die Frage gestellt, welchen Sinn denn ein Schlachtschiff überhaupt noch hat, wenn es von einem billigen Flugzeug versenkt werden kann, selbst jedoch nicht in der Lage ist, andere gleiche Schiffe zu vernichten, dafür sehr schnell selbst so weit beschädigt werden kann, dass es zwar noch schwimmt, aber eben kampfunfähig ist.

Die Erfahrung über die Verwundbarkeit zeigte sich auch später bei anderen Schlachten: trotz moderner Panzerung konnten bereits einzelne Treffer ganze Türme und damit einen Großteil der Artillerie ausschalten, die dann erst in teuren und monatelangen Werftaufenthalten wieder instand gesetzt werden musste. Auch ein Treffer in den Feuerleitstand vernichtete auf einen Schlag die komplette Zielgenauigkeit und machte die Geschütze fast wirkungslos etc.

Die zunehmende Entwicklung der Artillerie führte paradoxerweise zur weiteren Schwächen der Schlachtschiffe: sie konnten nun extrem weit schießen, bis zu 40 km waren machbar, so dass die Schlachtdistanzen stiegen. Gleichzeitig zeigte sich aber, dass trotz moderner Feuerleitung Treffer jenseits von 20 km Entfernung praktisch nicht existent waren. Scharnhorst Treffer auf Glorious (24,5 m) sowie Warspite auf ähnliche Distanz auf Giulio Cesare waren so seltene Ausnahmen, dass sie sogar namentlich bekannt sind.

HMS Royal Oak

Der Zweite Weltkrieg zeigte daher eindrucksvoll, dass Flugzeuge zunehmend als Mittel der Wahl in Schlachten eingesetzt werden und nicht mehr Schlachtschiffe. Für Marinen wurde es sinnvoller, eine große Anzahl kleiner, aber gut gegen Flugzeuge bewaffneter Schiffe zu bauen wie Zerstörer oder Korvetten, als viel Geld in Ressourcen in gewaltige Schlachtschiffe zu investieren, deren Prestige zwar groß, Nutzen aber sehr gering ist und die mit nur wenigen Bomben/Torpedos versenkt werden können.

Nur in einer Sicht waren Schlachtschiffe auch noch nützlich: als schwimmende Beschussplattformen bei Landungsoperationen. Ihre Geschütze trugen weit ins Landesinnere, konnten präziser gerichtet werden als Flugzeugbomben, dazu konnte man die fliegenden Granaten nicht abschießen. Ihre Treffer richteten beträchtlichen Schaden am Zielort. Viele Schlachtschiffe verbrachten somit ihre letzten Tage vor der Küste mit andauerndem Beschuss landgestützter Stellungen. Aus strategischer Sicht ausgezeichnete Arbeit. Für die Befürworter der großen Dickschiffe eine Schmach…

Und heute?

Das letzte jemals gebaute Schlachtschiff, HMS Vanguard, ist längst verschrottet. Die Amerikaner leisten sich noch den Luxus einiger weniger Schlachtschiffe, die als Museumsschiffe eingemottet, aber durchaus (wenn auch mit viel Aufwand) wieder instand gesetzt werden können. Die Iowa-Klasse wurde in den 50er Jahren mit Nuklearmunition ausgerüstet, was ihre Kampfkraft noch einmal gewaltig erhöht hatte, dazu sind mittlerweile neben Geschützen auch Marschflugkörperabschussvorrichtungen verbaut. Aber de facto werden sie nur noch genauso eingesetzt, wie vor Normandie: als Beschussplattformen, und nicht mehr in Seeschlachten. Flugzeugträger, U-Boote und kleine, aber gut bewaffnete moderne Schiffe dominieren nun die See (und natürlich auch luftbasierte Kräfte)

Am Rande noch ein kleiner Hinweis: gern werden Schlachtschiffe und Schlachtkreuzer (Battle ship und Battle cruiser) miteinander verwechselt. Gerade für Laien ist es manchmal auch wirklich schwer, diese auseinander zu halten, da beispielsweise Bewaffnung häufig vergleichbar ist. Vereinfacht gesagt könnte man sagen, ein Schlachtkreuzer ist vergleichbar einem Schlachtschiff, nur mit deutlich dünnerer Panzerung, dafür leichter und somit mit wesentlich höherer Geschwindigkeit und Reichweite. Ab dem Ende des Ersten Weltkrieges jedoch wurden Schlachtschiffe so schnell, dass es keinen Grund mehr für dedizierte Schlachtkreuzer gab. Über die Schlachtkreuzer erzähle ich Euch aber ein anderes Mal 😉