Am 10. Dezember 1941 gehen vor der Küste Malaysias der Schlachtkreuzer HMS Repulse und das Schlachtschiff HMS Prince of Wales unter, bombardiert und torpediert durch japanische Flugzeuge. Die Royal Navy hat 840 Tote zu beklagen, die Japaner nur 18 aus insgesamt 3 abgeschossenen, 2 vermissten und mehreren beschädigten Maschinen.

Aus heutiger Sicht unvorstellbare Dummheit, wie man die zwei großen Schiffe völlig ungeschützt gegen Flugzeugangrife in Asien kreuzen ließ.

Doch wir vergessen gern heutzutage, mit unser Erfahrung der vielen Kriegsjahre und Ereignisse danach, dass 1941 die Sache mit den Flugzeugen und Schlachtschiffen gar nicht so eindeutig war, um diese Aktion von vornherein als Fehler abzustempeln.

Bis Ende November 1941 wurden insgesamt folgende Großkampfschiffe versenkt:

  1. September 1939: Flugzeugträger Courageous torpediert durch U29
  2. Oktober 1939: Schlachtschiff Royal Oak torpediert durch U47
  3. Dezember 1939: Admiral Graf Spee nach Kampf mit HMS Exeter, HMS Ajax und HMNZS Achilles versenkt sich selbst
  4. Juni 1940: Flugzeugträger Glorious geht unter nach nach Beschuss durch Scharnhorst und Gneisenau
  5. Juli 1940: Französisches Schlachtschiff Bretagne explodiert in Oran nach Beschuss durch die Royal Navy
  6. November 1940: Italienische Schlachtschiffe Littorio, Conte di Cavour und Caio Duilo werden torpediert durch britische Flugzeuge und versenkt in Taranto
  7. Mai 1941: Hood explodiert nach Treffer (vermutlich) der Bismarck
  8. Mai 1941: Bismarck geht unter nach schwerem Beschuss durch King George V, Rodney, sowie Torpedotreffer der Dorsetshire, möglicherweise selbst versenkt
  9. November 1941: Ark Royal geht unter nach einem einzigen Torpedo von U81
  10. November 1941: Schlachtschiff Barham explodiert nach Treffer von U331

Zwischendurch etliche weitere Torpedotreffer auf Großkampfschiffe, die aber nicht zum Untergang geführt haben.

Wenn wir uns diese Versenkungen anschauen, fällt auf, dass nur der Untergang der drei italienischen Schlachtschiffe von Flugzeugen verursacht wurden. Alle anderen Schiffe gingen entweder durch Artilleriebeschuss oder durch Torpedotreffer von U-Booten unter. Vor allem bei den letzten handelte es sich fast ausschließlich um Lucky Shots: Glückstreffer genau da, wo es am meisten weh getan hatte, oder, wie im Falle der Flugzeugträger, ging es bauartbedingt um Schiffe mit großen, offenen Räumen und wenigen Schotten sowie vielen verschiedenen Explosivstoffen. Für viele Strategen zu Beginn der Zweiten Weltkrieges galten daher weiterhin Artillerieduelle und vielleicht noch U-Boote als einzige ernste Gefahr für Großkampfschiffe.

Selbst die Versenkung der drei italienischen Schlachtschiffe ist nicht so eindeutig, wie man glauben mag: sie waren alle festgezurrt und unbeweglich, konnten nicht manövrieren und die italienischen Schlachtschiffe waren an sich auch alles andere als robust gebaut. Daher gab es nicht wenig Experten, die im Falle von Taranto eher von einem glücklichen Zufall gesprochen haben, als tatsächlichen strategischen Erfolg. Selbst Pearl Harbour wurde von vielen Taktikern als ähnlicher Fall angesehen: es waren schließlich auch bewegungslose und überraschte Schlachtschiffe, den Großteil ihrer Kampfkraft beraubt.

Ganz im Gegenteil vielmehr, es gab mehr als genug Hinweise, dass ein modernes, voll manövrierfähiges Schlachtschiff mit guter Bewaffnung vor Flugzeugen praktisch gar keine Angst zu haben braucht, auch sogar von Torpedos an sich, sofern sie nicht einen Lucky Shot (besonders empfindliche Bereiche) erwischen. Schauen wir uns als Beispiel kurz Operation Halberd, an der Prince of Wales teilnahm, die Fahrt von zwei Konvois nach Malta im September 1941.

Der Konvoi GM 2 in Richtung Malta bestand aus neun Frachtschiffen und der Naheskorte aus Kreuzern Edinburgh, Eurylaus, Hermione, Kenya und Sheffield, neun Zerstörern, sowie der weiter entfernten Force H aus den Schlachtschiffen Nelson, Prince of Wales und Rodney, dem Träger Ark Royal sowie weiteren neun Zerstörern. Die Flotten wurden fast ununterbrochen von italienischen Flugzeugen angegriffen, die reihenweise Bomben und Torpedos warfen. Man hat zwar angesehen, dass die Ark Royal und ihre Flugzeuge beträchtlichen Anteil an der Verteidigung hatte, aber auch die Geschütze der Kriegsschiffe waren nicht zu verachten. Der Konvoi verlor trotz der vielen wütenden Angriffe nur einen einzigen Frachter, die Imperial Star, dazu noch durch einen nächtlichen Überraschungsangriff ohne Reaktionsmöglichkeit. Nelson wurde als einziges Schiff von einem Torpedo getroffen, doch dieser Treffer erwies sich als weitgehend harmlos, womit für viele Fachleute der Beweis erbracht wurde, dass moderne, gut gebaute und ordentlich strukturierte Schlachtschiffe auch vor Torpedos keine große Angst haben müssen. Die Erkenntnis wurde bestätigt durch die vielen Torpedotreffer auf deutsche und britische Kriegsschiffe, die zwar mit ernsthaften Beschädigungen endeten, aber keines der Schiffe an sich versenken konnten. Offenbar waren moderne Kriegsschiffe so stabil gebaut, dass sie durchaus den einen oder anderen Treffer einstecken konnten, so die scheinbare Erkenntnis.

Wobei, so ganz sicher waren die Strategen ja nicht, daher sollte Prince of Wales und Repulse auch von einem Träger, der HMS Formidable, begleitet werden. Doch der Träger lief am 3. November vor Bermuda auf einen Riff und konnte nicht mehr rechtzeitig repariert werden.

Es ist daher verständlich, welch großen Schock die Versenkung der beiden großen Kriegsschiffe weltweit verursacht hatte. Nicht nur wurde die moderne Prince of Wales und der starke Schlachtkreuzer Repulse vernichtet, nicht nur starben Hunderte Menschen, sondern auch das gesamte bisherige Taktikparadigma wurden an einem einzigen Tag über den Haufen geworfen: vielen wurde klar, dass selbst ein mächtiges, frei manövrierendes und voll kampfbereites Schlachtschiff gegen gewöhnliche Flugzeuge, die nur in ausreichender Zahl auftreten müssen, praktisch keine Chance hat und zum Untergang vedammt ist.