Wir sprechen immer mal wieder von Zerstörern. Aber was ist ein Zerstörer, wo kommt dieser martialischer Name eigentlich her?

Etwa um das Ende des 19. Jahrhunderts kam der Torpedo zunehmend in den Einsatz. Seine Sprengkraft reichte aus, um selbst große Schiffe stark zu beschädigen oder gar zu versenken. Gleichzeitig erschien ein neuer Schiffstyp: das Torpedoboot. Leicht, klein, billig und einfach zu bauen, aber rasend (für damalige Zeit) schnell und mit den gefährlichen Aalen bewaffnet konnte so ein kleines Bootchen sogar großen Linienschiff gefährlich werden.

USS Fletcher

Diese waren zwar groß, stark und mächtig, aber gleichzeitig langsam und behäbig. Ihre starke Hauptartillerie erwies sich als praktisch nutzlos gegenüber den Torpedobooten: es dauerte zu lange, diese auszurichten, sie schoß zu langsam und selbst bei Nahtreffern wurden die Torpedoboote zwar mächtig durchgeschüttelt, kamen aber in der Regel nur mit kleinen Blessuren davon. Gegen eine von allen Seiten angreifende Flottille der kleinen Torpedoboote konnte selbst ein mit den schwersten Geschützen ausgestattetes Schlachtschiff nur wenig ausrichten.

Einer der Ansätze, mit der Gefahr umzugehen, bestand darin, das Kriegsschiff mit leichter und mittlerer Artillerie auszustatten. Diese Geschütze hatten deutlich höhere Kadenz, waren leichter und schneller ausrichtbar, so dass sie den Booten folgen konnten, und ein Treffer aus ihnen konnte so ein kleines Torpedoboot genauso zerstören, wie ein Volltreffer des schweren Geschütze. Die neuen Torpedoboote waren somit zwar nicht der einzige, aber einer der wesentlichen Gründe dafür, dass die Kampfschiffe der damaligen Zeit nicht selten eine unglaubliche Palette an „Kleinkramm“ an Geschützen haben.

Eine völlig andere Möglichkeit bestand darin, ein Schiff zu bauen, welches größer und mit mehr Feuerkraft ausgestattet ist, als die Torpedoboote, dabei aber nur unwesentlich langsamer ist als diese und genauso flink. Und dann genau dieses Schiff dazu einsetzen, die Torpedoboote zu zerstören und die großen Dickschiffe zu schützen.

So entstand der Zerstörer, oder Destroyer im englischen Sprachgebrauch, wo der Name herkommt. Der französische Name Contretorpilleur oder das polnische Kontrtorpedowiec spiegeln die ursprüngliche Verwendung etwas besser. Er bedeutet soviel wie „Gegen-Torpedoboote“. Ursprünlich hieß dieser Schiffstyp auch in Deutschland „Torpedobootzerstörer“, schnell wurde jedoch der umständlicher Name zum „Zerstörer“ abgekürzt.

Gerade in der Anfangszeit fällt es manchmal schwer, zu bestimmen, was ein Torpedoboot und was ein Zerstörer war. Nicht selten wurden Torpedoboote eben nur etwas größer und bekamen stärkere Bewaffnung, um die anderen Schiffe dieses Typs zu bekämpfen. Die von Anfang an als Zerstörer klassifizierten Schiffe waren hingegen häufig genauso groß, wie die Torpedoboote, und Torpedos hatten die sowieso, so dass die Unterscheidung hier sehr gleitend ist. Was in Marine A noch Torpedoboot hieß, konnte in Marine B bereits Zerstörer sein. Erst im Laufe der Zeit wuchsen die Unterschiede: Torpedoboote blieben schnell und verhältnismässig klein, hatten außer Torpedo nur Maschinengewehre oder einige wenige Kleingeschütze. Die Zerstörer hingegen wurden größer, ihre Bewaffnung und Aufgaben wuchsen.

Z 4 Richard Baitzen Bundesarchiv, DVM 10 Bild-23-63-25 / CC-BY-SA 3.0

Ziemlich schnell stellte sich nämlich heraus, dass Zerstörer weit aus flexibler eingesetzt werden konnten, als nur zur Torpedoboobekämpfung.

Ihre zunehmende Größe kam mit verbesserter Hochseetauglichkeit einher. Während so ein Torpedoboot praktisch nur in Küstennähe aggieren konnte, konnte ein Zerstörer es selbst mit schweren Stürmen aufnehmen. Als die U-Bootgefahr immer mehr zunahm, zeigten die Zerstörer ihre weitere Stärke: sie waren nur schwer durch die U-Boote zu treffen, konnten aber diese ausgezeichnet ausmanövrieren und mit Wasserbomben bekämpfen. Erhöhte man den Neigungswinkel ihrer Geschütze und gab ihnen noch weitere Luftabwehr, wurden sie für angreifende Flugzeuge zur tödlichen Gefahr und ihre Feuerkraft konnte andere Schiffe beschützen. Dank ihrer Torpedos waren sie außerdem noch in der Lage, selbst große Kriegsschiffe in tödlicher Gefahr zu bringen.

Zwischendurch wurden einzelne Zerstörer noch einmal größer gebaut, nahe an der Grenze zum Leichten Kreuzer. Diese dienten dann als Flotillenführer. Diese Spezialisierung erwies sich jedoch schnell als Sackgasse der Geschichte, vor allem, als die normalen Zerstörer auch selbst immer größer wurden. Hingegen der neu eingeführte Typ des Geleitzerstörers erwies sich als voller Erfolg: diese Schiffe waren mehr auf die typischen Konvoigefahren wie U-Boote und Flugzeuge optimiert, wohingegen die Anzahl der Geschütze und der Torpedoröhre stark reduziert war, auch ihre Geschwindigkeit war geringer, sie dafür aber einfacher und schneller produziert werden konnten.

Insgesamt wurden alleine im Zweiten Weltkrieg nur in den USA über 800 Zerstörer gebaut!

Ein ungefährer Durchschnittszerstörer (es gab natürlich Ausnahmen) im Zweiten Weltkrieg lag irgendwo zwischen 2000 und 4000 ts, war ungefähr 120 Meter lang, erreichte Geschwindigkeiten jenseits der 32 Knoten und hatte irgend etwas um fünf Türme in der Regel mit 127 mm Geschützen oder irgendwo drum herum, sowie vier bis zehn Torpedoröhren und Wasserbombenwerfer.

Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges jedoch änderte sich die Rolle der Zerstörer und auch ihre Größe. Sie wuchsen auf über 8000 ts und wurden sowohl mit Flugkörpern, U-Bootjagdwaffen und (meistens) auch mit einem Hubschrauber ausgestattet. Zusammen mit den (noch wenigen existierenden) Kreuzern und Flugzeugträgern gehören sie heute zu den größten Schiffen. Sie sind gedacht sowohl als Allzweckwaffen zum alleinigen Einsatz, wie auch zum reinen Feuerschutz der großen Träger.

Deutschlands Marine hat zwar offiziell keine Zerstörer mehr. Die drei letzten (Rommel, Mölders, Lütjens als Zerstörer der Klasse 103) wurden 1999 bzw. 2003 außer Dienst gestellt. Allerdings erfüllen die Fregatten der Sachsen-Klasse (F124) durchaus die Anforderungen eines Zerstörers, von daher werden sie von manchen Fachbüchern als solche geführt. Offiziell sind es jedoch „nur“ Fregatten.

Foto 1: USS Fletcher, Foto 2: Z 4 Richard Beitzen